Heinrich XI von der Schulenburg (* 06.09.1621 auf Angern, + 19.05.1691 in Kehnert) – Herr auf Angern, Kehnert mit Cobbel, Schricke und Falkenburg war der jüngere Sohn von Henning III. von der Schulenburg (*1587, †01.09.1637) und Catharina Schenk von Flechtingen. Er studierte an der Universität Helmstedt, einer der führenden Bildungsstätten des 17. Jahrhunderts. Sein Studium legt nahe, dass er sich früh auf Verwaltungs- und Rechtsfragen spezialisierte, um die weitläufigen und durch Kriegswirren belasteten Güter der Familie effizient zu führen.
Heinrich XI lebte in einer Epoche, die durch die tiefgreifenden Folgen des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) geprägt war. Die Verwüstungen dieses langen Konflikts hatten nicht nur das Land, sondern auch die wirtschaftliche und soziale Struktur Brandenburg‑Preußens nachhaltig erschüttert. In den Jahren nach 1648 begann ein langwieriger Wiederaufbauprozess, der von der Notwendigkeit geprägt war, feudale Strukturen aufzubrechen und zentralisierte, absolutistisch geprägte Verwaltungsinstitutionen zu etablieren – Entwicklungen, die auch den Grundstein für den späteren Aufstieg des preußischen Staates legten.
In diesem historischen Kontext stellte Heinrich XI als Vertreter des kurbrandenburgischen Adels eine wichtige Verbindung zwischen den mittelalterlichen Verwaltungsmethoden und den aufkommenden modernen Staatsstrukturen dar. Sein fundiertes juristisches und administratives Wissen, erworben an der Universität Helmstedt, ermöglichte es ihm, in einem von Krisen und wirtschaftlichen Engpässen geprägten Umfeld die Familieneigentümer nachhaltig zu organisieren und zu leiten. Dies war besonders bedeutsam, da viele Adelsfamilien in der Region unter den Nachwirkungen des Krieges litten und sich zu wirtschaftlichen Reformen gezwungen sahen.
Die Eheschließung mit Ilse Floria von der Knesebeck (1629–1712) verstärkte diese Position zusätzlich. Das Adelsgeschlecht von der Knesebeck war für seine militärischen und administrativen Verdienste bekannt und pflegte enge Beziehungen zu den brandenburgischen Kurfürsten – Verbindungen, die in einer Zeit politischer Instabilität und territorialer Neuordnung von unschätzbarem Wert waren.
Die Darstellung von Heinrich XI aus ca. 1680 vermittelt ein starkes Gefühl von Macht und Status. Durch die prächtige Rüstung, die formelle Pose und die minutiöse Detailgenauigkeit vermittelt das Bild nicht nur den militärischen Rang des Dargestellten, sondern auch die Werte des 17. Jahrhunderts: militärische Stärke, Adel und gesellschaftliche Autorität. Es dient als ein wichtiges Element zur Stärkung des gesellschaftlichen und politischen Status des Abgebildeten und zeigt ihn als eine herausragende Figur in der Kriegsführung und in der Gesellschaft.
Heinrich XI zeugte 16 namentlich bekannte Kinder (sowie einen totgeborenen Sohn), die in unterschiedlichen Bereichen des öffentlichen Lebens aktiv wurden:
- Henning Christoph von der Schulenburg (* 1648/1649, Angern – † 27.12.1683, Staßfurt), der als erstgeborener den Hof übernimmt und das Erbe fortsetzt.
- Matthias Daniel II. von der Schulenburg (* 22.01.1653, Angern – † 06.09.1713, Angern), ein Oberst und Herr auf Schloss Angern, der die wirtschaftliche Basis des Gutes weiter ausbaute.
- Joachim Ludolf von der Schulenburg (* 28.12.1664, Angern – † 09.12.1740), ein Geheimer Kriegsrat, der politische und militärische Verantwortung übernahm und Herr auf Kehnert war.
- Heinrich XII. von der Schulenburg (* 07.02.1668, Angern – † 28.01.1702), bekannt für seine Verwaltungsaufgaben auf den Familiengütern.
- Levin Friedrich I. von der Schulenburg (* 12.05.1670, Angern – † 17.05.1729), ein Sardinischer General-Feldzeugmeister, der sich militärisch und diplomatisch hervortat und Herr auf Burg- und Kirchscheidungen war.
- Friedrich August II. von der Schulenburg (* 21.08.1672 – † 03.05.1718), der die Verwaltung von Teilen des Familienbesitzes übernahm.
Die wirtschaftliche Situation der Familie war jedoch angespannt. Bereits 1650, als die Kirchenvisitation im Hause der Schulenburgs abgehalten wurde, zeigte sich, dass der jüngste noch lebende Sohn Hennings einen erheblichen Schuldenberg mit dem Erbe übernommen hatte.
1672 wird der Konkurs erklärt, der gesamte Besitz taxiert und danach zur Versteigerung ausgeschrieben. Ein größeres Wohnhaus scheint nicht mehr vorhanden gewesen zu sein. Dafür werden aber die vier Keller und der alte Turm erwähnt, von dem es heißt: „Worinne zwar viel Zimmer erbauet, alldieweil aber derselbe allenthalben, absonderlich im Fundament, sehr baufällig und viel zur Reparatur kosten möchte, auch dem Besitzer fast mehr schädlich als zuträglich, so ist er hierbei in keinen Anschlag gebracht." Da sich kein Interessent findet, kann Heinrich 1680 den Besitz für die veranschlagte Taxe zurück erwerben (Quelle: Dorfchronik Angern).
Am 04.07.1689 überließ er seine Güter pachtweise seinen Söhnen Matthias Daniel und Joachim Ludolf, behielt jedoch Kehnert mit Cobbel für sich. Er zog sich auf das Gut in Kehnert zurück und setzte sich dort zur Ruhe.
KI coloriertes Bild von Heinrich XI
Erbteilung nach dem Tod Heinrichs
Am 4. Mai 1693 einigten sich die Söhne des verstorbenen Heinrich von der Schulenburg auf Angern, Schricke und Kähnern auf eine Teilung des väterlichen Besitzes. Dieser innerfamiliäre Vergleich, dokumentiert in einem handschriftlichen Archivvermerk, offenbart zentrale Mechanismen adliger Erb- und Besitzpolitik im späten 17. Jahrhundert.
Gemäß dem Vergleich wurden die drei Hauptgüter – Angern, Schricke und Kähnern – unter den ältesten Brüdern Matthias Daniel und Joachim Ludolff aufgeteilt, wobei ihnen gemeinschaftlich das Eigentum an den Gütern zugesprochen wurde. Die Zuordnung erfolgte jedoch in Form individueller Zuweisungen: Matthias Daniel erhielt Angern, Wendorf, Malwindel sowie Leistungen aus Bülitz, während Joachim Ludwig die Güter Schricke und Kähnern mitsamt den zugehörigen Dörfern Bärsleben und Gobbel übernahm. Damit verbunden war auch die Verpflichtung, der verwitweten Mutter Wohnrecht auf einem der Güter einzuräumen – eine gängige Form der Versorgungsregelung für adlige Witwen.
Ein weiterer Bestandteil der Vereinbarung war die Übernahme von Lehnschulden, insbesondere gegenüber den drei Schwestern, deren Ansprüche durch Kapital- und Zinszahlungen ausgeglichen werden sollten. Solche Ausgleichszahlungen an weibliche Familienmitglieder waren eine übliche Praxis, um die Integrität des Landbesitzes zu wahren, ohne eine Realteilung mit weitreichenden Folgen für die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Höfe zu riskieren. Nach Abzug der Schulden blieb ein Betrag von 19.107 Thalern und 11 Groschen, der in sechsteilige Anteile zu je 3.484 Thalern und 14 Groschen für die überlebenden sechs Brüder aufgeteilt wurde. Der Vertrag regelte außerdem, dass auch die Kinder eines verstorbenen Bruders ihren Anteil sukzessive erhalten sollten – eine Bestimmung, die auf die ratierliche Verteilung im Sinne der Primogenitur oder einer abgestuften Erbfolge verweist.
Dieser Teilungsvertrag aus Angern ist ein aufschlussreiches Beispiel für die pragmatische und zugleich traditionsgebundene Erbpolitik im brandenburgischen Adel der Frühen Neuzeit. Die Kombination aus Besitzkonsolidierung (über zwei Brüder), Versorgung von Müttern und Schwestern sowie finanzieller Ausgleichsmechanismen zugunsten weiterer männlicher Linien zeigt eine ausgeklügelte Strategie zur Sicherung familiärer Kontinuität unter Erhalt der sozialen Stellung (Quelle: Johann Friedrich Danneil: Geschichte des Geschlechts von der Schulenburg, Bd. 2, Salzwedel 1847, Nr. 31, S. 1693.)
Diese wirtschaftlichen Regelungen und Erziehungsmaßnahmen sind Teil eines größeren Prozesses, der die Transformation von Brandenburg‑Preußen markiert. In einer Epoche, in der der Staat seine administrativen Strukturen zentralisierte und sich von den mittelalterlichen Lehnsverhältnissen löste, mussten auch die Adelsfamilien innovative Wege finden, um ihr Erbe zu sichern.