Wasserschloss Angern
Das Wasserschloss Angern wurde 1736 im Auftrag von Christoph Daniel v.d. Schulenburg von Friedrich August Fiedler im Rokoko-Stil erbaut und 1843 klassizistisch umformt. Die Ursprünge des Schlosses reichen bis ins Jahr 1341 zurück, als an dieser Stelle eine Wasserburg errichtet wurde.

Der sogenannte „Raum rechter Hand des Saals“ („wo Seine Exzellenz Christoph Daniel von der Schulenburgs logieren“) bildete um 1750 gemeinsam mit dem angrenzenden Kabinett und der Polterkammer das persönliche Appartement des Generals und vereinte auf bemerkenswert verdichtetem Raum Wohnen, Arbeiten, Repräsentieren und Sammeln. Dieses dreigliedrige Ensemble erfüllte sowohl intime als auch öffentliche Funktionen und spiegelte damit das barocke Ideal eines durch Stil, Funktion und Status klar gegliederten Lebensraums. Die Inventaraufnahme von 1752 ermöglicht eine detailgenaue Rekonstruktion und macht den Raum zu einem ausgesprochen seltenen und dichten Zeugnis adeliger Wohnkultur im mitteldeutschen Raum um die Mitte des 18. Jahrhunderts – geprägt von französischer Schlafkultur, höfischer Loyalität, militärischer Identität und aufklärerischer Bildung.

Der Raum im 18. Jahrhundert

Der Raum stellt ein hochrangiges Beispiel barocker Wohn- und Repräsentationskultur im mitteldeutschen Adel dar. Seine Ausstattung dokumentiert die Synthese aus französisch beeinflusster Schlafkultur (Bett á la Duchesse), diplomatischer Bildpolitik (Porträts des Hauses Savoyen) und materieller Pracht (Damast, Brocadell, Zitz, Taft). Die Verbindung von militärischem Selbstbild, konfessioneller Frömmigkeit und höfischer Loyalität spiegelt sich in der ikonographischen und stofflichen Ausstattung. Als Teil eines dreigliedrigen Raumensembles diente der Raum nicht nur als Rückzugsort, sondern auch als Ort performativer Identitätsbildung im Sinne barocker Selbstdarstellung. Die vollständige Inventarisierung macht ihn zu einer exemplarischen Quelle zur Erforschung adliger Lebenswelten im Alten Reich um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Das General-Inventarium von 1752 dokumentiert die Ausstattung des Raums im Detail:

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KI-generierte Ansicht des Raums um 1745

Wandgestaltung 

Die Wände waren mit grünem Damast tapeziert – ein Zeichen hoher Qualität, denn Damast galt als luxuriöses Gewebe mit changierender Musterung. In einer Ecke fanden sich zusätzlich drei Bahnen grünem Brocadell, einem noch edleren Stoff mit gold- oder silberdurchwirkten Mustern, der gewöhnlich Prunkräumen vorbehalten war. Diese textile Raumauskleidung verlieh dem Zimmer eine schimmernde Tiefe und stand für barocke Repräsentationsästhetik auf hohem Niveau.

  • 20 Bahnen grün damasten Tapeten: Damast ist ein aufwendig gewebter Stoff mit glänzender Musterung, hier in Grün. Damasttapeten waren kostbar.
  • 3 Bahnen grün Brocadell in der Ecke: Brocadell ist ein feiner Brokatstoff, oft mit eingewebten Gold- oder Silberfäden. Er war noch luxuriöser als Damast und wurde gerne für Prunkräume genutzt.

Das Chambre-Bett “à la Duchesse” mit Feldbett darunter – Ausstattung eines adligen Generals um 1750

In dem repräsentativen Chambre befand sich ein sogenanntes Bett „à la Duchesse“, eine besonders elegante Form des Himmelbetts aus der Barock- und Rokokozeit. Es handelt sich dabei um ein an der Wand befestigtes Bett mit einem einseitig hängenden Baldachin (Duchesse en impériale), der – anders als bei frei stehenden Himmelbetten – eine eher leichte, raumöffnende Wirkung hatte. Dieses Bett war mit grünem Damast bezogen, einem hochwertigen, seidig glänzenden Gewebe mit eingewebtem Muster – ein Zeichen von Stand und modischem Geschmack des mittleren 18. Jahrhunderts. Es war mit gelben Fransen und Schnüren geschmückt, die als textile Applikationen nicht nur zierende, sondern auch strukturierende Funktion übernahmen. Der Bassemens, also das untere Gestell oder der Unterbau, bildete den formalen Abschluss dieser repräsentativen Schlafstatt.

Doch das eigentliche Schlafmöbel befand sich unter dem Himmel verborgen: ein Feldbett (Rekonstruktion des Feldbetts), wie es von Offizieren in Feldlagern verwendet wurde – hier jedoch für den privaten Gebrauch umfunktioniert. Es stand sinnbildlich für die militärische Disziplin und Mobilitätsgewohnheit Seiner Exzellenz, Christoph Daniel von der Schulenburg, General im sardischen und preußischen Dienst. Es handelte sich wahrscheinlich um ein klappbares Hartholzgestell mit Leinwandauflage, ausgestattet mit zwei Matratzen, Cattalonier Decken, einem gestreiften Barchent-Federbett und drei kleinen Kissen. Der Bezug aus geblümtem Zitz und die Fütterung mit gelbem Taft spiegeln den Rokoko-Stil ebenso wie die persönliche Vertrautheit mit dem Objekt wider – vermutlich stammte es aus Schulenburgs Feldzügen.

Diese Kombination aus dekorativer Schauseite und praktischer Nutzung ist typisch für das 18. Jahrhundert, in dem sich der Lebensstil des aufgeklärten Adels zunehmend durch eine enge Verbindung von Amtsführung, Funktionalität und Repräsentation auszeichnete. Feldbetten waren für Offiziere und Adelige mit militärischer Prägung wie Schulenburg nicht nur auf Reisen oder im Feld üblich, sondern auch Symbol für persönliche Disziplin und Wehrhaftigkeit im Alltag. Dass ein General trotz prächtiger Schlafstatt freiwillig auf einem Feldbett ruhte, verweist auf eine Form militärischer Selbststilisierung, wie sie in der preußischen und sardischen Offizierskultur des 18. Jahrhunderts hoch geschätzt wurde. Gleichzeitig belegt der aufwendige Bezug des Feldbetts mit Zitz und Taft, dass selbst das Funktionale im Rokoko eine gewisse Zierlichkeit und Eleganz zu bewahren hatte – ganz im Sinne einer Ästhetik, die Nützlichkeit und Schönheit zu verbinden suchte.

Vorhänge und Möbel

  • 4 grün und weiß gestreifte Gardinen mit ihren Falballas: Falballas sind dekorative Stoffvolants oder Rüschen, die Vorhänge verzieren.
  • 2 nußbaumen Ecktische (stehen itzo im Cabinet): Kleine Ecktische aus Nussbaumholz, die momentan in einem Nebenraum stehen.
  • 1 nußbaumen Tisch untern Spiegel: Ein zusätzlicher Tisch aus Nussbaumholz, möglicherweise eine Konsole unter einem Wandspiegel.
  • 1 ordinärer Tisch mit grüner Wachsleinwand: Ein einfacher Tisch mit gewachster Leinwandbespannung – pflegeleicht und robust.
  • 1 ovaler Spiegel mit einem nußbaumen Rahmen: Ein Spiegel mit ovalem Holzrahmen, wertvoll, da Spiegel damals teuer waren.
  • 2 Fauteuils mit ausgenähten Überzügen: Fauteuils sind gepolsterte Lehnstühle. Ausgenähte Überzüge könnten bestickte oder wattierte Bezüge bedeuten.
  • 6 ordinäre Stühle mit damasten Überzug, mit gelben Fransen garnieret: Schlichte Stühle mit Damaststoff und dekorativen Fransen.
  • 1 Schlafstuhl mit seiner Maderatzen und 2-mal mit buntem Kattun überzogen: Ein Schlafstuhl (wohl eine Art Klappstuhl) mit Matratze und zwei Schichten Kattun (bedruckte Baumwolle).
  • 1 apartes haarenes Kissen mit rotem Kattunüberzug: Ein spezielles Kopfkissen mit Rosshaarfüllung und rotem Bezug aus Kattun.

Gemälde

Besonders aufschlussreich ist die Wanddekoration. Drei Supraporten mit floralen Motiven (3 Surporten oder Schilderei Stück von Blumenwerk) wurden ergänzt durch eine Serie von Portraits sardischer Monarchen: Victor Amadeus II., Karl Emanuel III., dessen Gemahlinnen, der Kronprinz und die Kronprinzessin sowie der Herzog von Chablais. Diese Porträts verweisen auf Christoph Daniels Dienst als General im Königreich Sardinien und seine enge Bindung an den Hof. Der Raum inszenierte so nicht nur den sozialen Status des Bewohners, sondern auch seine diplomatische Loyalität und militärische Identität. Ein gesticktes Seidenbild der Himmelfahrt Christi vervollständigte die symbolische Ausstattung mit einem religiös aufgeladenen Element.

Möbel

Der Raum war zugleich Wohn- und Arbeitszimmer. Ein ovaler Spiegel mit Nussbaumrahmen, ein Schreibpult, ein Portefeuille, ein Porzellanwaschbecken und eine italienische Messinglampe belegen die multifunktionale Nutzung. Zwei Fauteuils, sechs damastbezogene Stühle, ein Schlafstuhl und mehrere kleine Tische bildeten eine flexible Sitz- und Arbeitszone. Die Stoffüberzüge mit gelben Fransen sowie die mit Kattun und Taft gearbeiteten Textilien spiegeln den hohen Aufwand in der textilen Ausstattung wider.

  • Ein Porzellan-Waschbecken mit 1 Tischen darunter: Waschbecken aus feinem Porzellan, luxuriös für die Zeit.
  • 1 klein weißer Leuchter auf dem Schreibtisch: Ein kleiner weißer Leuchter, wahrscheinlich aus Keramik oder Metall, für Kerzen.
  • 1 italienische messingene Lampe: Eine wertvolle Messinglampe, möglicherweise eine Öllampe.
  • 1 Pulpet, Bücher aufzulegen: Ein Pult oder Buchständer für bequemes Lesen.
  • 1 Portefeuille: Eine Mappe oder Dokumentenmappe zur Aufbewahrung von Schriftstücken.
  • 1 kleiner Nachttisch: Ein kleiner Beistelltisch neben dem Bett.
  • 1 Pendule, worunter fourniertes nußbaumen Postament: Eine Pendule (Tischuhr) auf einem furnierten Nussbaum-Sockel.

Der Zugang vom Gartensaal – Architektur, Nähe und Repräsentation

Der zweite Zugang zum Appartement Christoph Daniel von der Schulenburgs vom Gartensaal aus ist nicht nur architektonisch, sondern auch sozialräumlich von besonderer Bedeutung. Er verankert das Appartement innerhalb der barocken Enfiladestruktur, einer auf Sichtachsen und Raumfolgen beruhenden Bauform, die Repräsentation, Bewegung und soziale Ordnung miteinander verknüpft. Der direkte Durchgang aus dem Gartensaal ermöglichte eine fließende Verbindung zwischen öffentlichem Zeremoniell und privatem Rückzug, ohne den Umweg über das Vestibül oder dienende Zonen nehmen zu müssen. Christoph Daniel konnte so Gäste unmittelbar „aus dem Gespräch heraus“ in sein persönliches Appartement führen – etwa zu vertraulichen Gesprächen oder informellen Beratungen.

Dieser Zugang hatte zugleich eine soziale Signalwirkung: Während der Weg über die Antichambre einem formellen Besuchsprotokoll folgte, stellte der Zugang über den Gartensaal eine Form privilegierten Eintritts dar – vorbehalten engen Vertrauten, Familienmitgliedern oder besonders hochgestellten Gästen. Die Raumstruktur erlaubte es also, Nähe und Distanz gezielt zu steuern und den Zugang zur Person des Hausherrn differenziert zu regulieren. Zugleich war der Gartensaal als lichtdurchfluteter Raum mit Blick in den barocken Garten ein Ort des kontrollierten Naturbezugs, ein Scharnier zwischen Innen und Außen, zwischen Repräsentation und Kontemplation. Der direkte Zugang vom Saal ins Appartement stellte daher auch eine symbolische Verbindung zwischen der öffentlich sichtbaren Rolle und dem intellektuellen Selbstentwurf Christoph Daniels her: Vom Raum der Geselligkeit konnte er sich unmittelbar in Bibliothek, Kabinett oder Sammlungsräume zurückziehen – in jene Sphäre der Reflexion, die barocke Adelige bewusst inszenierten.

In seiner Gesamtheit verweist der Zugang vom Gartensaal somit auf eine architektonisch kodierte Nähe-Distanz-Ordnung, die exemplarisch für die barocke Raumpolitik ist. Das Appartement wird dadurch nicht nur als funktionale Wohneinheit, sondern als sozial und symbolisch gesteuerte Struktur lesbar – mit einem regulierten, repräsentativ legitimierten und zugleich persönlich kontrollierten Zugang zur Person des Hausherrn.

Im 19. Jahrhundert

Der Raum präsentiert sich als eleganter Salon des späten 19. Jahrhunderts, geprägt von einer warmen, repräsentativen Atmosphäre. Die Wände sind mit einer prachtvollen, (vermutlich) weinroten Damasttapete im großformatigen Palmettenmuster bespannt, die dem Interieur Tiefe und historische Würde verleiht. Ein klassizistischer, cremefarbener Kachelofen mit ornamentalem Fries und antikisierender Schale auf dem Gesims dominiert die Ecke des Raumes.

Die Möblierung besteht aus aufwendig gearbeiteten Sitzmöbeln im Stil der Neorenaissance mit (vermutlich) dunkelgrünen Polstern und kunstvoll geschnitzten Lehnen, die um einen massiven Holztisch gruppiert sind. Ergänzt wird das Interieur durch eine Reihe gerahmter Landschaftsgemälde und Ruinenveduten, deren zentral platzierter Obelisk eine Verbindung zur antikisierenden Raumgestaltung schafft,  angeführt von einem großformatigen Gemälde mit klassizistischer Ruinenlandschaft, zentralem Obelisken und einer Löwenskulptur – ein typisches Motiv der vedutenhaften Capriccio-Malerei des 18. Jahrhunderts. Die kleineren Werke darunter und seitlich zeigen idealisierte Landschaften mit Arkadien-Charakter, teils mit architektonischen Fragmenten, teils mit Bäumen und Hügeln, die eine tiefe Perspektive erzeugen. Die Auswahl und Hängung der Bilder verstärken den antikisierenden und kontemplativen Charakter des Raumes und zeugen vom kunstsinnigen Anspruch der ehemaligen Bewohner. Die Gemälde werden im Inventarverzeichnis von 1752 im obereren Saal hängend beschrieben und sind nach der Bodenreform verschollen.

Die im Herrensalon an der rechten Wand platzierte Wanduhr stammt vermutlich aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Mit ihrem reich verzierten Holzgehäuse, dem runden Zifferblatt und der ornamentalen Bekrönung vereint sie Funktionalität mit repräsentativer Gestaltung. Stilistisch lässt sie sich dem Übergang vom Spätbiedermeier zum Frühhistorismus zuordnen.

Der Boden ist mit einem aufwendig gearbeiteten Tafelparkett aus hellem Holz ausgelegt, dessen geometrische Kassettenstruktur den repräsentativen Charakter des Raumes unterstreicht und stilistisch mit der feingliedrigen Wandgestaltung korrespondiert.

Historische Aufnahme des Herrensalons

Der Herrensalon um 1920

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KI generierte Nachbildung

Der Raum heute

Der Raum heute ist schlicht dekoriert mit Ölgemälden der Hugenottenfamilie v. François, der Familie der Mutter von Alexander von der Schulenburg. Die Familie v. François hat ihre Wurzeln in der Normandie und lässt sich bis zu François en Bugey Nico François, Seigneur des Alimes, um 1354 zurückverfolgen. Als Hugenotten wurden sie ab 1530 aufgrund ihres protestantischen Glaubens verfolgt, was nach 1685 zu einer Fluchtwelle führte. Im Edikt von Potsdam gewährte Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg ihnen Asyl. 1689 ließ sich der Tuchfabrikant Nicolas le François in Cölln (heute Berlin) nieder und zog 1699 nach Frankfurt/Oder. Sein Nachfahre, August Karl von François, erhielt 1744 eine Adelserneuerung durch Kaiser Joseph II. Bruno Hugo Karl Friedrich von François (1818–1870), ein preußischer Generalmajor, war ein direkter Nachfahre dieser Linie. Er fiel 1870 in der Schlacht bei Spichern. Seine Söhne setzten die militärische Tradition fort:

  • Curt Karl Bruno von François (1852–1931): Ein bedeutender Kartograph und Forschungsreisender, der als Major und Landeshauptmann in Deutsch-Südwestafrika diente. 
  • Hermann Karl Bruno von François (1856–1933): Ein preußischer General der Infanterie im Ersten Weltkrieg. 
  • Hugo von François (1861–1904): Hauptmann, der während der Kämpfe gegen die Herero in Deutsch-Südwestafrika fiel. 
Ansicht des Herrensalons im Schloss Angern

Der Herrensalon im Schloss Angern heute

Die Nutzung des ab 1738 neu errichteten Herrenhauses in Angern unter General Christoph Daniel von der Schulenburg lässt sich im Kontext des mitteldeutschen Landadels als exemplarisch für den funktionalen und repräsentativen Anspruch barocker Gutshausarchitektur einordnen. Analog zu anderen Adelsresidenzen dieser Zeit gliederte sich das Nutzungsschema in Wohnfunktion , administrative Nutzung , Repräsentation , Sammlungstätigkeit und symbolisch-dynastische Verankerung . Der Rundgang durch das Schloss Angern um 1750 zeigt eindrücklich, wie dieses Haus weit über seine unmittelbaren Wohn- und Verwaltungsfunktionen hinaus als architektonischer Ausdruck adeliger Identität diente. Die Räume fungierten als Träger von Macht, Bildung, Status und genealogischer Erinnerung – sorgfältig gegliedert in öffentliches Auftreten, persönliche Rückzugsräume und repräsentative Ordnung. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1750
Die Burg Angern als Herrschafts- und Wehranlage stellt in ihrer historischen Entwicklung ein typisches Beispiel einer spätmittelalterlichen Wasserburg des niederen Adels im mitteldeutschen Raum dar. Ihre Entstehung unter Erzbischof Otto von Magdeburg im 14. Jahrhundert war eng mit den Machtinteressen des Erzstifts Magdeburg verbunden. Die Wahl des Standorts – auf einer inselartigen Erhebung inmitten der Elbniederung – folgte sowohl militärisch-strategischen als auch wirtschaftlich-topographischen Überlegungen. In unmittelbarer Nähe wichtiger Verkehrswege und Elbübergänge gelegen, diente die Burg der Kontrolle von Handelsrouten, der Sicherung regionaler Besitzverhältnisse und der symbolischen Machtdemonstration.
Das Wasserschloss Angern ist historisch gesehen eher ein Herrenhaus . Es wurde 1341 als Wasserburg auf zwei künstlichen Inseln mit einem siebenstöckigen Turm errichtet. 1631 wurde die Burg im Dreißigjährigen Krieg von kaiserlichen Truppen besetzt, durch die Schweden angegriffen und beim anschließenden Dorfbrand weitgehend zerstört. Die erhaltenen Tonnengewölbe, der Keller des Bergfrieds und Außenmauern der Hauptburg zeigen noch heute die Dimensionen der mittelalterlichen Anlage. Im Jahr 1650 fand in der ruinösen Burganlage eine Kirchenvisitation statt, bewohnt war zu dieser Zeit nur noch ein Teil.
Die bauliche Umgestaltung des Herrenhauses in Angern in den Jahren um 1843 markiert einen tiefgreifenden Wandel in der Nutzung und Raumordnung des Hauses. Unter den Nachfahren des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg wurde das barocke Erscheinungsbild durch klassizistische Elemente überformt, die sich sowohl in der Fassadengestaltung als auch in der Raumgliederung widerspiegeln.Es dominierte eine hell verputzte Fassade und eine vereinfachte Tür- und Fensterrahmung. Diese Elemente spiegeln die Orientierung am Ideal der "edlen Einfachheit" wider, wie sie seit Winckelmann als Leitbild klassizistischer Baukunst galt. Dieser Umbau ist im Kontext der Adelsgeschichte des 19. Jahrhunderts als Ausdruck einer funktionalen Anpassung und bürgerlich geprägten Repräsentationskultur zu verstehen. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1850
In jedem Jahrhundert erlebt die Familie von der Schulenburg und das Haus in Angern bedeutende Veränderungen, doch sie lassen sich nie entmutigen – immer wieder gelingt ein entschlossener Neuanfang gemäß dem Leitsatz "Halte fest was Dir vertraut". Bis 11. Jahrhundert , 12. Jahrhundert , 13. Jahrhundert , 14. Jahrhundert , 15. Jahrhundert , 16. Jahrhundert , 17. Jahrhundert , 18. Jahrhundert , 19. Jahrhundert , 20. Jahrhundert , 21. Jahrhundert .
Vom höfischen Tableau zur rationalisierten Wohnwelt: Die Wohn- und Funktionsräume des Schlosses Angern spiegeln in exemplarischer Weise den sozialen und kulturellen Wandel des Adels im langen 18. Jahrhundert wider. Zwischen dem Rokoko-inspirierten Repräsentationskonzept unter General Christoph Daniel von der Schulenburg (†1763), der verwaltungstechnisch durchrationalisierten Ordnung unter Friedrich Christoph Daniel (†1821) und dem klassizistischen Umbau unter Edo von der Schulenburg (ab 1841) lassen sich klare strukturelle und ästhetische Entwicklungslinien feststellen. Die verfügbaren Inventare von 1752 (Rep. H 76) und 1821 (Rep. H 79) sowie die bau- und kulturgeschichtliche Beschreibung um 1845 erlauben eine vergleichende Analyse der sich wandelnden Raumfunktionen.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.