Der obere einst repräsentative Galeriesaal ist der beeindruckendste und repräsentativste Raum des Hauses. Mit einer Raumhöhe von fast 4,50 Metern übertrifft er alle anderen Säle und diente um 1745 als zentraler Versammlungs- und Prunkraum.
Im 18 Jahrhundert kombinierte der Saal prunkvolle, aber auch funktionale Elemente, die sowohl den Stil des Barock als auch erste Anklänge des Rokoko zeigten. Zentrum der Repräsentation war – wie in vergleichbaren Bauten, etwa Schloss Hundisburg, Schloss Dornburg oder Schloss Burgscheidungen – die bel étage, die erste Etage des Hauptflügels. Diese diente der Hofhaltung im kleinen Maßstab und war architektonisch durch höhere Decken, axial ausgerichtete Raumfolgen (Enfilade), reiche Ausstattung und Gartenbezug gekennzeichnet. Der Gartensaal in Angern befand sich dagegen im Erdgeschoss und nahm eine Sonderrolle ein, möglicherweise dem direkten Zugang zur Parterregestaltung geschuldet. Der eigentliche corps de logis, der sogenannte Obere Saal, war mit 4,50 m Raumhöhe der höchste Repräsentationsraum des Hauses und erfüllt funktional die Rolle des salon d’apparat.
Der Obere Saal war gemäß Inventar vollständig mit Bildwerken ausgestaltet: Neben Supraporten mit chinoisen Motiven fanden sich großformatige Landschaften, batailles, mythologisch-allegorische Darstellungen (z. B. Diana, Schäferszenen), Tierstillleben, Genredarstellungen, Küchenstücke und venezianische Veduten. Diese Ausstattung entspricht dem für das mittlere 18. Jahrhundert typischen Konzept einer “Galleria” im Sinne einer semi-öffentlichen Sammlung, die der Bildung, Repräsentation und Demonstration des Sammlungshorizonts diente. Vergleichbare Ensembles finden sich etwa in Schloss Etelsen (Niedersachsen), Schloss Ettersburg (Thüringen) oder in adligen Palais des märkischen Adels.
Bilder und Supraporten
Die Wände des Saals waren nahezu vollständig mit Gemälden bedeckt, eine Ausstattung, die für repräsentative Räume des 18. Jahrhunderts typisch war. Besonders die Supraporten, also Bilder, die über Türen oder Kaminen angebracht wurden, spielten eine dekorative und symbolische Rolle. Vier ovale Supraporten mit chinesischen Malereien und zwei weitere längliche Bilder im selben Stil zeugen vom damaligen Interesse an der Chinoiserie – einer künstlerischen Strömung, die europäische Vorstellungen der chinesischen Kultur widerspiegelte. Diese Werke stellten oft idealisierte Landschaften, exotische Figuren oder dekorative Blumenarrangements dar, die mit feinen Linien und weichen Farbverläufen gestaltet waren.
Neben diesen exotischen Darstellungen gab es auch klassische europäische Landschaftsgemälde: Zwei großformatige Bilder zeigten weite Landschaften, möglicherweise mit Flüssen, Wäldern oder idyllischen Dörfern, während zwei weitere Werke Schlachtszenen (Bataillen) darstellten. Diese Art der Malerei war besonders unter adeligen Hausherren beliebt, da sie sowohl historische Ereignisse als auch das militärische Selbstverständnis der Familie betonte. Vier Gemälde zeigten mythologische und ländliche Szenen, darunter Diana, die römische Göttin der Jagd, Schäfer und Jäger, sowie eine Frau in einer Landschaft mit einer Kapelle und einem Kreuz. Solche Darstellungen verbanden die Tugenden von Naturverbundenheit, Frömmigkeit und aristokratischer Jagdkultur.
Besonders vielseitig war die Sammlung kleinerer Bilder, die sich auf verschiedene Themenbereiche konzentrierten. Es gab italienische Landschaften mit vielen Personen, die vermutlich Alltagsszenen oder Marktplätze darstellten. Die sogenannten Schornsteinfeger-Motive könnten auf Darstellungen einfacher Handwerker oder ländlicher Arbeiter hinweisen, was einen Kontrast zu den heroischen oder mythologischen Szenen bot. Zwei venezianische Perspektivbilder, eines mit einem Obelisken und eines mit einem Löwen, unterstrichen den internationalen Geschmack von Christoph Daniel, da sie vermutlich italienische Architektur oder idealisierte Stadtansichten darstellten. Diese Bilder wurden um 1845 nach der klassizistischen Umformung des Hauses im Herrensalon gehängt und sind auf dem Foto erkennbar.
Auch das Thema Tiere und Jagdwild war stark vertreten: Mehrere Bilder zeigten Kaninchen, Hühner, Gänse und Tauben, die als klassische Stillleben oder als Bezüge zur Jagdkultur interpretiert werden konnten. Einige Gemälde stellten zudem Lebensmittel und Küchengeschirr dar, darunter ein Bild mit Karpfen, Zwiebeln und Töpfen sowie zwei Werke mit Fischen, Krebsen und einer Katze, was auf niederländische Stillleben-Malerei hinweisen könnte, die zu dieser Zeit besonders populär war. Diese Bilder wurden um 1845 nach der klassizistischen Umformung des Hauses im Speisezimmer gehängt und sind auf dem Foto erkennbar.
Kartuschen und Pläne
Neben diesen Bildern waren an den Wänden verschiedene Kartuschen, Kriegspläne und Ordres de Bataille angebracht. Diese Elemente dienten nicht nur der Dekoration, sondern hatten auch eine repräsentative Funktion: Sie signalisierten strategisches Denken, militärische Erfolge oder diplomatische Bedeutung des Hausherrn. Die Kartuschen waren vermutlich kunstvoll verzierte Rahmen oder Wappen, die historische Ereignisse oder genealogische Zusammenhänge zeigten, möglicherweise aus der militärischen Tätigkeit von Christoph Daniel.
Möbel
Die Einrichtung des Saals bestand aus hochwertigen Möbelstücken, die Eleganz mit Komfort verbanden. Zwei große Sofas waren vermutlich im französischen oder preußischen Stil gefertigt, mit reich verzierten Holzrahmen und üppig gepolsterten Sitzflächen, die möglicherweise mit Brokat oder Damast bezogen waren. Besonders auffällig waren die vier Kröppelelemente aus Berliner Arbeit, was auf kunstvoll gedrechselte und geschnitzte Details hinweist, die in Berliner Werkstätten gefertigt wurden. Diese Art von Handwerkskunst war in dieser Zeit hoch angesehen und fand sich vor allem in repräsentativen Räumen des Adels.
Für Gäste standen zwölf Rohrstühle bereit. Diese Stühle zeichneten sich durch ihre Sitzflächen und Rückenlehnen aus feinem Wiener oder Berliner Geflecht aus, das sowohl stabil als auch bequem war. Rohrstühle waren zu dieser Zeit sehr beliebt, da sie luftiger und leichter als gepolsterte Stühle waren, was sie besonders für Gesellschaftsräume geeignet machte.
Ein weiteres bedeutendes Detail waren die sechs Rollos aus gestreifter Leinwand, die dazu dienten, Licht zu regulieren und den Raum vor direkter Sonneneinstrahlung zu schützen. Ihre gestreifte Optik verlieh dem Saal eine gewisse Leichtigkeit und unterstrich den modischen Geschmack der Zeit.
Ein besonders auffälliges Möbelstück waren die zwei großen Nussbaumtische mit Rehfüßen. Diese Tische waren aus massivem Nussbaumholz gefertigt, das für seine edle Maserung und Langlebigkeit geschätzt wurde. Die geschnitzten Beine mit Rehfüßen deuteten auf eine besonders aufwendige Verarbeitung hin, bei der die Tischbeine vermutlich mit fein ausgearbeiteten Darstellungen von Hirschläufen oder floralen Motiven verziert waren. Solche geschnitzten Details waren typisch für hochklassige Tischlerarbeiten im 18. Jahrhundert. Später wurden diese Tische jedoch durch zwei schlichte weiße Lindentische ersetzt. Lindenholz war weicher als Nussbaum und ließ sich leichter bearbeiten, was darauf hindeutet, dass die neuen Tische eine funktionalere oder weniger dekorative Funktion erfüllten.
Im 19. Jahrhundert verlagerte sich der repräsentative Bereich ins Erdgeschoss, eine architektonische Anpassung, die den damaligen Trend widerspiegelte, Fest- und Gesellschaftsräume barrierefreier und näher am Eingangsbereich zu gestalten, sodass Gäste direkt von der Hauptzufahrt oder dem Vestibül empfangen wurden. Der einstige obere Saal verlor dadurch seine ursprüngliche Funktion und wurde zu einem Galerieraum umgestaltet. Das reiche Inventar des Raums ist durch Kriege und Enteignung im Zuge der Bodenreform abhanden gekommen und der Raum wird heute zu Wohnzwecken genutzt.